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UNHCR- Bericht: 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht

Rohingya Krise - © UNHCR/ Andrew McConnell

Fünftes Rekordjahr in Folge

Im Jahr 2017 haben Krieg, Gewalt und Verfolgung die Zahl der Menschen auf der Flucht auf ein Rekordniveau steigen lassen – im fünften Jahr in Folge. Hauptursachen waren die Krise in der Demokratischen Republik Kongo, der Krieg im Südsudan und die Flucht Hunderttausender Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar nach Bangladesch. Es sind in überwältigender Mehrheit die ärmsten Länder, die die Flüchtlinge aufnehmen: Dort leben 85 Prozent von ihnen. In der Europäischen Union sowie auch in der Schweiz gehen die Flüchtlingszahlen hingegen zurück.

Alle zwei Sekunden wird ein Mensch zur Flucht gezwungen  

Im Global Trends-Jahresbericht meldet das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, dass Ende des vergangenen Jahres 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht waren. Das sind fast drei Millionen mehr als 2016 (65,6). Darunter waren 16,2 Millionen Menschen, die während des Jahres 2017 zur Flucht gezwungen wurden. Viele von ihnen sind mehrfach vertrieben worden. Zwei Drittel der Flüchtlinge kommen aus nur fünf Ländern: Syrien, Afghanistan, Südsudan, Myanmar und Somalia. Täglich werden rund 44 500 Menschen vertrieben, alle zwei Sekunden ist ein Mensch von Flucht betroffen.  

Mehr Flüchtlinge, mehr Asylsuchende, aber etwas weniger Binnenvertriebene

25,4 der insgesamt 68,5 Millionen Menschen sind Flüchtlinge, die wegen Konflikten und Verfolgung ihr Heimatland verlassen mussten. Das sind 2,9 Millionen mehr als 2016 – der grösste Anstieg der Flüchtlingszahlen in einem Jahr in der Geschichte von UNHCR (d.h. seit 1951). Die Zahl der Asylsuchenden, die zum 31. Dezember 2017 noch auf das Ergebnis ihres Verfahrens warteten, stieg um 300 000 auf 3,1 Millionen. Einen kleinen Rückgang gab es hingegen bei den Binnenvertriebenen: 40 Millionen Menschen waren im eigenen Land auf der Flucht. Das ist ein kleiner Rückgang im Vergleich zu 40,3 Millionen im Jahr zuvor. MigrantInnen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen, sind nicht Teil dieses Reports oder des Mandats von UNHCR.

Weltweit ist jeder 110. Mensch auf der Flucht  

Weltweit gibt es jetzt mehr Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene, als Frankreich oder Grossbritannien EinwohnerInnen haben. Jeder 110. Mensch auf der Erde ist auf der Flucht!   „Wir stehen an einem Scheideweg. Um auf weltweite Fluchtbewegungen erfolgreich reagieren zu können, brauchen wir einen neuen und weit umfassenderen Ansatz, der einzelne Länder und Gesellschaften nicht allein lässt”, sagte UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. „Aber es gibt Grund zur Hoffnung. Vierzehn Länder setzen in einer Pilotphase bereits einen neuen Rahmenplan für die Flüchtlingshilfe um. Und es ist nur noch eine Frage von wenigen Monaten, bis ein neuer Globaler Pakt für Flüchtlinge von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet werden kann.” Grandi forderte alle Staaten auf, dieses Projekt zu unterstützen: „Kein Mensch wird freiwillig zum Flüchtling. Aber ganz freiwillig können wir diesen Menschen helfen.“    

Global Trends: die wichtigsten Tendenzen der Vertreibung weltweit zusammengefasst  

Der Global Trends-Bericht wird jährlich weltweit zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni veröffentlicht. Der Bericht informiert über den neuesten Stand der internationalen Fluchtsituation, basierend auf Daten von UNHCR, nationalen Regierungen und weiteren Partnern. In diesem Zusammenhang beobachtete UNHCR im vergangenen Jahr besorgniserregende Ereignisse, etwa Zwangsrückführungen, Instrumentalisierungen von Flüchtlingen für politische Zwecke, Fälle, in denen Flüchtlinge zu Feindbildern aufgebaut wurden, ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt verweigert wurde und sogar einige Länder, die die Verwendung des Wortes „Flüchtling” ablehnen. Diese Fälle sind jedoch nicht Teil des Global Trends Reports.

Der Global Trends Report ist vielmehr eine Faktensammlung, die auch Fehlvorstellung geraderückt und Vorurteile zur Situation in Europa abbaut. Dazu gehört die Überzeugung, dass der grösste Teil der Flüchtlinge in den Industrieländern des globalen Nordens Schutz gesucht hat. Stattdessen ist es nur jede/r Siebte. 80 Prozent der Flüchtlinge bleiben im Nachbarland, viele von ihnen leben in ärmlichsten Verhältnissen und bekommen kaum Hilfe. Und auch die Nachbarländer, die am meisten helfen, sind fast durchweg arme Länder mit grossen wirtschaftlichen und nicht selten sozialen Problemen. Grosse Fluchtbewegungen über die Grenzen hinweg sind ebenfalls weniger verbreitet, als es die Zahl der weltweit 68,5 Millionen geflüchteten Menschen vermuten lässt. Fast zwei Drittel von ihnen sind Binnenvertriebene, die ihr eigenes Land nicht verlassen haben.   Zwei weitere Erkenntnisse aus dem Global Trends-Bericht sind, dass die meisten Flüchtlinge in städtischen Gebieten leben (58 Prozent) – nicht in Lagern oder ländlichen Gebieten. Das Bild des Flüchtlingslagers ist das bekannte, aber nicht das typische Bild. Zum zweiten sind die weltweit geflüchteten Menschen jung: 53 Prozent von ihnen sind Kinder, darunter viele unbegleitet oder von ihren Familien getrennt.  

Türkei grösstes Aufnahmeland, jeder sechste Einwohner in Libanon syrischer Flüchtling  

Genau wie die Zahl der wichtigsten Herkunftsländer war auch die Zahl der Länder, die viele Menschen aufgenommen haben, gering: Die Türkei blieb mit 3,5 Millionen aufgenommenen Flüchtlingen (hauptsächlich SyrerInnen), nach absoluten Zahlen das weltweit grösste Aufnahmeland. Der Libanon hat relativ zur eigenen Bevölkerung die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Jeder sechste Einwohner des Landes ist ein syrischer Flüchtling. Es sind gerade einmal zehn Länder, die fast zwei Drittel aller Flüchtlinge weltweit aufgenommen haben.   Kriege und Konflikte waren weiterhin die Hauptursachen für Vertreibung und Flucht, sichtbare Fortschritte in Richtung Frieden gab es selten. Rund fünf Millionen Menschen konnten 2017 in ihre Heimat zurückkehren, dabei handelte es sich in erster Linie um Binnenvertriebene. Unter den RückkehrerInnen gab es aber auch Menschen, die unter Zwang oder in unsichere Verhältnisse zurückkehrten. Die Zahl der Flüchtlinge, die dank des Resettlement-Programms Schutz in einem Drittland fanden, sank wegen des niedrigeren Angebots an Plätzen in Aufnahmeländern um mehr als 40 Prozent auf rund 100 000 Menschen.   

Lesen Sie den ganzen Bericht hier.